Dienstag, Januar 8


Zwei Wochen im Traum verangen. Der eigenartige Geruch drängt sich an meinen Schleimhäuten vorbei und brennt in meinem Kopf. Wiedermal bin ich gefangen, werde ich erdrückt von Stimmen die in meinen Ohren wie ein sterbender Vogel erklingen. Ich zähle die Zeit, bis ich frei sein kann, wenn die Gesichter mich verlassen, deren schneidende Gesichtszüge in meine Augen stechen und mich von innen heraus verschlucken. Die Grenzen sind schon lange verflossen und ich werde mitgerissen, immer tiefer, ohne loszukommen. Wunden, welche nicht zu erblicken sind, belegen mich mit einem Schmerz, der für ewig in mir leuchten wird, wie eine frisch entfammte Kerze. Leere erfüllt mich und taucht mich in eine sanfte Ruhe. Ich versinke, tauche in eine Welt wie aus geschnitztem Mondlicht.

Donnerstag, Januar 3


Unbeholfen laufe ich die Treppe hoch, will doch eigentlich gar nicht oben ankommen. Ich fange die seltsamen Gesichter mit meinen Augen auf und entschließe mich, meinen Blick dem Boden zu widmen. Unsicher nähere ich mich den Bierbänken, die, ohne wirklichen Erfolg, mit einigen Bezügen verschönert sind. Der Brillenträger mir gegenüber mustert mich eindringlich und ich beschließe, hier nicht länger zu verweilen. Wirklich? Meinst du das ernst, Daniel? Hier musste ich also unbedingt herkommen um mit euch Silvester zu verbringen? Eine unbeschreibliche Wut lässt sich wie ein Samen in meiner Brust nieder und droht aufzukeimen. Ich versuche sie zu unterdrücken und betrachte die Menschen um mich herum. Alle sind sie angeheitert vom Alkohol, alle sind sie mit der grausamen Musik, die durch die schlechten Boxen dröhnt, zufrieden, alle sind sie naive, glückliche Jugendliche. Gelangweilt von diesem Anblick begebe ich mich auf die Terrasse und ziehe Blättchen, Filter sowie Tabak aus meiner Jackentasche. Daniel kommt ebenfalls nach draußen und wirft mir ein "Gefällts dir?" entgegen. Ich betrachte seine Gesichtszüge und meine Stimmung verfinstert sich erneut. "Naja.", damit drehe ich mich um und laufe zielsicher vom Haus weg, welches all die seltsamen Gestallten in sich herbergt.

Samstag, Dezember 29


Wie benommen sitze ich auf dem mit Dreck überzogenem Sofa. Ein Lächeln drückt sich auf meine Lippen und ich stelle zufrieden fest, wie sehr ich diese Menschen doch hasse. Lieber Papa, bitte ertränke dich doch in deiner eigenen Sucht, genug Ethanol um eine Badewanne voll zu bekommen solltest du schließlich besitzen. So etwas wie du ist nicht mehr lebenswert. Nun, meine liebe Mama, da du sowieso an Depressionen leidest und nur noch in deinem Selbstmitleid herumschwimmst ohne eine Insel, die dir halt geben würde, darin zu erblicken, solltest auch du dir überlegen wie lange du diese ganze Qual noch weiterführen willst. Bruder? Da du natürlich alles besser weißt und immer alles richtig machst, sollte man dich lieben, oder? Aber weißt du, ich glaube deine Gewalt, die manchmal zwischen der unbeschreiblich tollen Fassade hervorspickt, ist nicht zu unterschätzen. Ach, und ich will nur noch kurz anbringen, dass, auch seit ich euch verlassen habe, sich nichts zum Positiven gewendet hat, also glaube ich, dass du doch nicht so toll  bist, wie du immer selbst von dir behauptest. Und zu guter Letzt habe ich meiner Schwester noch ein paar Worte zu sagen. Natürlich war es nicht ok wie ich mit deinen Sachen umgegangen bin, aber ich will dich nur kurz an das psychisch kaputte Mädchen erinnern, welches seiner jüngeren Schwester den Hass auf den Vater mit voller Gewalt zu spüren gegeben hat. Ein bisschen Rache ist da doch angebracht? Nein? Gut, spätestens in zwei Jahren muss ich eure Fratzen sowieso nie wieder ansehen.